Basel, 28. Januar 2015
In siedlungsnahen Wäldern sind immer häufiger exotische Zierpflanzen und Bäume anzutreffen. Die meisten davon tragen zu einer Verschlechterung des Ökosystems Wald bei. Forscher der Universität Basel konnten nun nachweisen, dass viele dieser exotischen Pflanzen aus waldnahen Gärten entweichen oder unbeabsichtigt durch Menschen in den Wald gebracht werden.
Ein Spaziergang durch Gehölze im Bruderholzquartier bringt Gewissheit: ja, es wachsen junge Chinesische Hanfpalmen – auch Tessiner Palmen genannt – auf Basler Boden! Um es vorweg zu nehmen: Die Palmensprösslinge wurden nicht vom Förster angepflanzt, sondern sind aus privaten Gärten entwichen. Das immer häufigere Vorkommen von Neophyten wie der Hanfpalme im Wald bereitet den Förstern grosse Sorgen. Kurzfristig erhöhen diese Arten zwar die lokale Biodiversität, doch bald nimmt die lebensraum-typische Artenvielfalt ab. Einige der exotischen Pflanzenarten verbreiten sich explosionsartig und verdrängen einheimische Arten. Durch die Ausbreitung des Staudenknöterichs lässt die Hangstabilität nach, durch das Drüsige Springkraut wird das für viele Waldbäume lebensnotwendige Mykorrhizapilz-Netzwerk im Boden reduziert, was wiederum negative Folgen auf das Aufkommen von Jungbäumen und auf den Holzzuwachs hat. Es ist deshalb sinnvoll, Neophyten möglichst schnell aus dem Wald zu entfernen, bevor sich die Pflanzen grossflächig ausbreiten. Das Forstpersonal ist dementsprechend besorgt, das Aufkommen von Neophyten im Wald zu bekämpfen.
Die kostengünstige und wirksamste Massnahme in der Bekämpfung von invasiven exotischen Arten ist das Vermeiden der Einschleppung. Dazu müssen aber die Einführungswege bekannt sein. In einer gross angelegten Studie konnten nun Forscher der Universität Basel zeigen, wie exotische Zierpflanzen in den Regionen Basel und Lugano in die Wälder gelangen. Neophyten kommen in beiden Regionen dort am häufigsten vor, wo private Gärten direkt an den Wald angrenzen. Waldgebiete, die 300 Meter und mehr vom Siedlungsgebiet entfernt liegen, beherbergen deutlich weniger Neophytenarten. Bei Basel waren rund 16 % der in siedlungsnahen Waldgebieten vorgefundenen Pflanzenarten Neophyten, in siedlungsfernen Waldteilen lag deren Anteil bei 12 %. Bei Lugano betrug der Neophytenanteil im siedlungsnahen Wald 28 %, im siedlungsfernen Wald 17 %. Der Unterschied zwischen diesen beiden Regionen dürfte einerseits auf das unterschiedliche Klima mit den milderen Wintern im Tessin zurückzuführen sein, andererseits auf ein bereits fortgeschrittenes Besiedlungsstadium südlich der Alpen.
Die Forscher konnten zeigen, dass häufig Schnittgut, ungewünschte Pflanzen und Gartenabfälle im angrenzenden Wald entsorgt werden, meistens mit der guten Absicht, die Biomasse wieder in den Kreislauf der Natur zurückzubringen. Dabei können aus kleinsten Wurzelstücken neue Stauden entstehen und die Zierpflanze kann sich im Wald etablieren. Bei anderen Ziersträuchern wie dem Kirschlorbeer fressen Vögel die Früchte und bringen durch den Kot Samen in den Wald. Als mögliche Gegenmassnahmen sollten in waldnahen Gärten vermehrt einheimische Zierpflanzen und -sträucher angepflanzt werden und kein Grüngut im Wald entsorgt werden. Auf diese Weise gelangte auch die ursprünglich im tropischen Asien beheimatete und als Zierbaum nach Europa und in Basel eingeführte Hanfpalme in das Gehölz beim Bruderholz.
Prof. Dr. Bruno Baur
Tel. 061 267 08 29, Fax 061 267 08 32
email: bruno.baur@unibas.ch
Luca Gaggini
email: luca.gaggini@stud.unibas.ch
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Die Arbeit wird im Rahmen der öffentlichen Tagung "Naturschutz in und um Basel" am Freitag, 30. Januar 2015, 13.15 – 17.00 Uhr im Hörsaal 1 des Pharma-/Biozentrums, Universität Basel, Klingelbergstrasse 50, vorgestellt.
Das detaillierte Programm ist erhältlich unter: http://www.conservation.unibas.ch/news/naturschutzp.pdf
Abbildung 1: Schnittgut und Gartenabfälle gelten als Hauptursache für die Etablierung von Neophyten im Wald. (Foto: Bruno Baur)
Abbildung 2: Grosser Bestand der Hanfpalme in einem Wald bei Locarno. Die exotische Baumart wurde nun auch in Basler Wäldern nachgewiesen. (Foto: Luca Gaggini)