Basel, 22. Januar 2008
Sperrfrist 23. Januar 2008, 8 Uhr
Sobald es im Frühjahr wärmer wird, sind auch die Fledermäuse wieder aktiv. Diese wohnen oft unbemerkt in engen Spalten an Häusern, einige sogar in Rollladenkästen. Neue Entwicklungen im Gebäudebau tragen aber dazu bei, dass dieses „Quartierangebot“ für die heimlichen Untermieter immer knapper wird. Untersuchungen von Forschenden an der Universität Basel über die saisonale Nutzung von Quartieren bilden eine wesentliche Grundlage zur Erarbeitung von Schutzstrategien für Fledermäuse.
Menschliche Siedlungen mit Gebäuden aus Stein und Beton entsprechen im Suchbild vieler Tiere strukturreichen Felslandschaften, in denen sie ursprünglich einmal gelebt haben. Seit der Mensch Häuser baut, konnten sich viele Tierarten an diese künstlichen Strukturen anpassen; sie wurden zu erfolgreichen Kulturfolgern. Im Siedlungsbereich des Menschen finden die ehemaligen Felsbewohner nicht nur Unterschlupf, sondern auch vielfältige, neue Nahrungsquellen.
Einige uns wohlvertraute Tiere wie der Hausspatz, Mauersegler und Hausrotschwanz leben in unserer unmittelbaren Nähe. In Nischen und Spalten von Gebäuden finden sie sichere Verstecke zur Aufzucht ihrer Jungen. Weniger bekannt sind die zahlreichen Arten der Fledermäuse, welche in oft überraschend engen Spalten ein Tagesquartier finden. Auch für typische Höhlenbewohner schuf der Mensch unbeabsichtigt neue Lebensräume. Nicht genutzte, ruhige Dachböden wurden schon früh von Fledermäusen und Eulen besiedelt. Für Fledermäuse sind die meisten Naturhöhlen in unserer Landschaft im Sommer nicht genügend warm, um darin Junge aufzuziehen. Warme Quartiere finden sie jedoch unter von der Sonne beschienenen Dächern. Dies ermöglicht es ursprünglich mediterranen Fledermausarten, wie den Hufeisennasen und Mausohren, sich nördlich der Alpen erfolgreich fortpflanzen zu können. Im Herbst verlassen sie allerdings das warme Sommerquartier und verbringen die kalte Jahreszeit unterirdisch in frostsicheren, meist temperaturstabilen Felshöhlen und Kellern. Die Mehrzahl der 21 Fledermausarten, die bisher in der Region Basel nachgewiesen werden konnten, lebt zumindest zeitweise in oder an Gebäuden. Weil Fledermäuse saisonal sehr häufig ihre Quartiere wechseln, benötigen sie ein reichhaltiges Angebot an geeigneten Unterschlüpfen.
Die engen Spalten zwischen rauen Hauswänden und geöffneten Fensterläden sind wichtige Fledermausquartiere. An Neubauten gibt es aber keine Fensterläden mehr. Als Ersatz haben die Fledermäuse die Rollladenkästen entdeckt, die sie nun erfolgreich als Quartier benutzen. Allerdings nur dann, wenn die Rollläden wenig bewegt werden.
Mit der Forderung mehr Energie einzusparen, werden die Gebäudehüllen zunehmend dichter gemacht, können doch so unerwünschte Wärmeverluste vermieden werden. Gleichzeitig bedeutet es aber auch, dass es immer weniger Nischen und Spalten an den Häusern gibt, die von den heimlichen Untermietern als Unterschlupf benutzt werden können. Bereits werden Rollladenkästen umgerüstet, um das Abfliessen von Wärme zu vermeiden. Dies verunmöglicht ein weiteres Bewohnen durch Fledermäuse.
Momentan leiden die in Spalten an Gebäuden wohnenden Arten noch nicht unter einer Quartiernot. Es gilt aber die Entwicklung des Quartierangebotes aufmerksam zu verfolgen und rechtzeitig mögliche alternative Lösungen aufzuzeigen. Forscher und Forscherinnen an der Universität Basel tragen mit laufenden Untersuchungen zur saisonalen Nutzung von Quartieren wesentlich zur Erarbeitung von Schutzstrategien für Fledermäuse bei. Von grösster Bedeutung ist aber die Akzeptanz der Wohnbevölkerung, welche diese Spaltenbewohner in nächster Umgebung am Haus dulden muss.
Eine Analyse dieser Probleme und die Erarbeitung von
Schutzstrategien für Fledermäuse in der Region Basel waren das Thema
der Masterarbeit von Céline Ernst am Institut für
Natur-, Landschafts- und Umweltschutz der Universität Basel.
Diese Arbeit wird im Rahmen der öffentlichen Tagung
"Naturschutz in und um Basel", am Freitag, 25. Januar 2008, 13.15
–17.10 Uhr, im Hörsaal 102 der Universität
Basel, Petersplatz 1, vorgestellt. In neun weiteren Referaten werden
verschiedene Aspekte des Naturschutzes in der Region behandelt. Die
jährlich stattfindende Tagung erlebt bereits ihre 11. Auflage.
Eingeladen sind alle interessierten Personen. Eine Anmeldung ist nicht
notwendig und es wird kein Tagungsgeld verlangt.
Das detaillierte Programm ist erhältlich unter: http://www.conservation.unibas.ch/news/naturschutzp.pdf
Dr. h.c. Jürgen Gebhard
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Fax 061 267 08 32 email: juergen.gebhard@unibas.ch
Prof. Dr. Bruno Baur
Institut
für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Tel. 061 267 08 29, Fax 061 267 08 32 email: bruno.baur@unibas.ch
Foto 1: Braunes Langohr (Foto: J. Gebhard)
Foto 2: Weissrandfledermaus (Foto: J. Gebhard)