Basel, 31. Januar 2005
Sperrfrist 1. Februar 2005, 6 Uhr
Für viele Tiere bedeutet der Winter ein grosses Problem. Dies gilt auch für die Fledermäuse, die in der kalten Jahreszeit keine Nahrung finden und deshalb in einen energiesparenden Winterschlaf verfallen. In unserer Region verbringen die meisten Arten den Winter in frostsicheren Höhlen. Die Abendsegler hingegen überwintern in Quartieren wie Baumhöhlen. Diese Fledermäuse sind bei extremer Kälte oder durch menschliche Einflüsse vielfach gefährdet.
Für Winterschläfer in Baumhöhlen kann der Holzschlag schlimme Folgen haben. Im Dezember 1998 färbte sich beim Fällen einer Buche im Birseck der Schnee rot. Was war passiert? Unwissentlich wurde der Überwinterungsplatz von 42 Grossen Abendseglern zerstört. Acht Fledermäuse starben dabei. Weil die Temperatur unter dem Gefrierpunkt lag, waren die Tiere in Kältestarre, also nahezu bewegungslos. Die restlichen 34 Fledermäuse konnten gerettet werden. Beim Zerteilen einer Esche wurden im Januar 2002 im Baselbiet 15 Grosse Abendsegler getötet, weitere 31 überlebten. Mehr Glück hatten die 69 Grossen Abendsegler, die alle unversehrt aus einer 1996 bei Arisdorf gefällten Buche geborgen werden konnten. Solche Dramen kommen leider beim Holzschlag im Winter immer wieder vor. Oft werden die Schäden gar nicht bemerkt.
Der Grosse Abendsegler überwintert aber nicht nur in Baumhöhlen. In der Region Basel wurden bisher zwei bedeutende Winterquartiere in Spalten von hohen Felsflühen entdeckt. Lange waren in Mitteleuropa keine Daten zur Felsüberwinterung dieser Fledermausart bekannt. Dementsprechend wurde der erste Nachweis vor 24 Jahren in der Ingelsteinflue bei Gempen von der Fachwelt mit grossem Interesse wahrgenommen. Nun könnte man glauben, dass dies ein sicherer Ort für die Fledermäuse wäre. Durch das Felsklettern gelangen aber Menschen in diese Lebensräume und können dabei die überwinternden Tiere stören. Vielerorts wurden auch Winterquartiere des Abendseglers in Spalten an Gebäuden und unter Brücken gefunden. Im Zentrum von Basel überwinterte bis in die 1960er Jahre eine grosse Kolonie Abendsegler am Bischofshof in der Rittergasse. Die Tiere hingen damals zwischen den Balken des Torbogens. Durch Renovationsarbeiten wurden sie aber vertrieben.
International bekannt ist die Forschungsstation "Hofmatt" in Münchenstein. Dort wurden 1985 junge Grosse Abendsegler freigelassen, die in der Folge wild lebende Artgenossen zum Quartier führten. Weil der Hangplatz der Fledermäuse durch eine Glasscheibe eingesehen werden kann, sind ungewöhnliche Beobachtungen aus nächster Nähe möglich. Mit einer Infrarot-Videokamera wird seit vielen Jahren das Verhalten der Tiere aufgezeichnet. So konnten bis zu 120 Winterschläfer eingehend studiert werden. Es zeigte sich, dass die Fledermäuse auch im Winter erstaunlich aktiv sein können. Ein gleicher Quartiertyp wurde in Basel im Gebäude Schlüsselberg 3 beim Naturhistorischen Museum eingerichtet. Zurzeit überwintern dort 100 Abendsegler. In diesen durch den Menschen gebauten Quartieren gab es bisher im Winter keine Verluste.
Aus anderen Gegenden wurden schon erfrorene Fledermäuse gemeldet, die bei extremen Frösten ihr Quartier verlassen hatten. Durch die immer milderen Winter scheinen derartige Gefahren aber geringer zu werden. Ob das aber den Fledermäusen nützt, ist eher fraglich. Um durch Drosselung des Stoffwechsels erfolgreich Energie sparen zu können, benötigen die Winterschläfer entsprechend tiefe Temperaturen.
Diese Arbeit wird vorgestellt von Dr. h.c. Jürgen Gebhard im
Rahmen der öffentlichen Tagung "Naturschutz in und um Basel",
Freitag, 4. Februar 2005, 13.10 - 17.25 Uhr, in der Aula der
Universität Basel, Petersplatz 1.
In zehn weiteren Referaten werden verschiedene Aspekte des
Naturschutzes in der Regio behandelt.
Es wird kein Tagungsgeld verlangt.
Das detaillierte Programm ist erhältlich unter: http://www.unibas.ch/dib/nlu/teach/naturschutzp05.pdf.
Evelyn Argast
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz,
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Tel. 061/267 08 31 Fax 061/267 08 32 email: evelyn.argast@unibas.ch
Prof. Dr. Bruno
Baur
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz,
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Tel. 061/267 08 29 Fax 061/267 08 32 email: bruno.baur@unibas.ch
Dr. h.c. Jürgen Gebhard
Naturhistorisches Museum Basel, Augustinergasse 2, Basel
Tel: 061 266 55 35, Email: juergen.gebhard@bs.ch
Foto 1: Überwinternde Kolonie des Grossen Abendseglers (Foto:
Jürgen Gebhard)
Foto 2: Grosser Abendsegler im Flug (Foto: Jürgen
Gebhard)
Dieser Medientext und die Fotos (jpeg-Format) können unter http://www.unibas.ch/dib/nlu/naturschutz05 heruntergeladen werden