Basel, 9. Februar 2004
Vom Menschen absichtlich oder ungewollt eingeführte exotische Pflanzen oder Tiere können die einheimische Flora und Fauna stark bedrohen. In den letzten Jahren haben sich auch in der Schweiz mehrere exotische Arten ausgebreitet. Forschende der Universität Basel registrierten im Rhein zwischen Basel und Rheinfelden eine starke Zunahme der asiatischen Körbchenmuschel, eine Art, die erst vor wenigen Jahren diesen Strom besiedelt hat. Die sich invasiv verbreitende Muschel verdrängt teilweise einheimische Süsswasserschnecken.
Wer im heissen Sommer 2003 die trockengelegten Kiesbänke des Rheins betreten hat, dem sind sicher die zahlreichen leeren Muschelschalen aufgefallen. Dabei dürfte die ungewöhnliche Form der Schalen die aufmerksamen Beobachter erstaunt haben, sind doch derartig kräftig gerippte Muschelschalen normalerweise an sandigen Meeresstränden zu finden. Bei der Muschel im Rhein handelt es sich um die asiatische Körbchenmuschel Corbicula. Fachleute weisen die Muschel aufgrund von subtilen Unterschieden in der Schalenform zwei Geschwisterarten zu.
Die Körbchenmuschel gelangte in den 1920er Jahren von Asien nach Nordamerika, von wo aus sie im Ballastwasser grosser Frachtschiffe anfangs der 1980er Jahre Europa erreichte. 1985 wurde sie im deutschen Niederrhein entdeckt und seither verbreitet sie sich erfolgreich rheinaufwärts. 1995 wurde sie zum ersten Mal bei der Basler Dreirosenbrücke und bei Schweizerhalle/Pratteln gefunden. Eine vom Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz der Universität Basel im Sommer 2003 durchgeführte Studie gibt nun detaillierte Auskunft über die momentane Ausbreitung der Körbchenmuschel in der Nordwestschweiz.
In den wenigen Jahren seit 1995 hat die Muschel zwei weitere Stauwehre überwunden. Die bisher am weitesten vorgedrungenen Individuen wurden zwischen Rheinfelden und Möhlin gefunden. Die Wiese, Birs und Ergolz hat die Körbchenmuschel bisher aber noch nicht besiedelt. Die starke Strömung im Mündungsbereich dieser Nebenflüsse dürfte möglicherweise eine erfolgreiche Kolonisation verhindert haben. Trifft die Körbchen-muschel aber auf eine geeignete Stelle, so kann sich eine Population sehr schnell vermehren. So wurden auf dem sandigen Grund des Altrheins bis zu 600 Tiere pro Quadratmeter gezählt. Bei derartigen Massenvorkommen werden anderen wirbellosen Kleintieren die Nahrung und der Lebensraum weggenommen, d.h. die Körbchenmuschel kann einheimische Arten verdrängen. Ein Vergleich zwischen der Zusammensetzung der Süsswasserschnecken-Gesellschaft im Rhein beim Basler St. Johanns-Park im Jahre 2003 und derjenigen aus dem Jahre 1994 (bevor die Körbchenmuschel in diesem Flussabschnitt vorkam) bestätigt diese Befürchtung: Vier der fünf heute dort vorkommenden Arten sind in den letzten 10 Jahren eingewandert, während zwei früher an diesem Standort registrierte einheimische Arten verschwunden sind.
Neben der Körbchenmuschel haben in den letzten Jahren auch weitere exotische Arten den Hochrhein besiedelt. Einige davon breiten sich ebenfalls sehr stark aus, so räuberische und röhrenbauende Flohkrebse und Borstenwürmer. Der weiteren Entwicklung dieser invasiven Arten und den möglichen Auswirkungen sollten Wissenschaft, Wirtschaft und Politik wesentlich mehr Aufmerksamkeit schenken.
Diese und andere Studien werden an der öffentlichen Tagung
"Naturschutz in und um Basel" vorgestellt.
Freitag, 13. Februar 2004, 13.10 - 17.15 Uhr, grosser Hörsaal
des alten Zoologischen Instituts der Universität Basel,
Rheinsprung 9, 4051 Basel.
Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Die Teilnahme ist gratis.
Das detaillierte Programm ist unter http://pages.unibas.ch/dib/nlu/teach/naturschutzp04.pdf
erhältlich.
Der Medientext und die untenstehende Fotografie (jpg-Format) können unter
http://www.conservation.unibas.ch/news/naturschutz04 kopiert werden
Die neu eingewanderte Körbchenmuschel avancierte zur häufigsten Muschelart im Rhein. (Foto: Stephanie Schmidlin)
Evelyn Argast
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz,
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Tel. 061/267 08 31 Fax 061/267 08 32 email:
evelyn.argast@unibas.ch
Prof. Dr. Bruno
Baur
Institut für Natur-, Landschafts- und Umweltschutz,
Universität Basel, St. Johanns-Vorstadt 10, 4056 Basel
Tel. 061/267 08 29 Fax 061/267 08 32 email: bruno.baur@unibas.ch