Netzbau der Gartenkreuzspinne Araneus diadematus

Diese Seite stellt den Bau des Radnetzes der Gartenkreuzspinne Araneus diadematus im Labor exemplarisch dar. Die Abbildungen basieren auf dem aufgezeichneten Bewegungsmuster der Spinne, anhand dessen die Lage der Fäden rekonstruiert wurde. Sie können sich diesen Netzaufbau auch als Quicktime Animation ansehen.

In den Abbildungen werden die Bewegungen der Spinne der Spinne mit grauen Pfeilen dargestellt (hellgrau = frühe Bewegungen, dunkelgrau = spätere Bewegungen). Die normalen Linien zeigen die Lage der Fäden, als die 'Aufnahme' gemacht wurde, die gestrichelten Linien zeigen die Lage der Fäden, als die Spinne alle Bewegungen gemacht hatte, die in der Abbildung gezeigt werden (nur in den Abbildungen, in denen sich die Spinne nicht am Ende der grauen Linie befindet). Denken Sie daran, dass die Spinne immer einen Wegfaden produziert. In Abbildung A zum Beispiel, befestigte die Spinne den Wegfaden am oberen Ende des rechten Stabes und ging dann entlang der Unterseite der Struktur - immer den Wegfaden hinter sich herziehend - nach links und dort bis etwas die halbe Höhe des linken Stabes. Dort befestigte die Spinne den Wegfaden ein erstes Mal und hatte so einen Faden zwischen dem linken Stab und der Spitze des rechten Stabes aufgebaut. Nun kletterte die Spinne noch etwas empor, befestigte den Faden nochmals, etwa auf zwei Drittel der Höhe des linken Stabes, lief wieder nach unten und dann über den vorher gebauten Faden, den sie nun durch den neuen Wegfaden ersetzte, zurück zur Spitze des rechten Stabes.

Die Abbildungen auf dieser Seite zeigen eine etwas vereinfachte Darstellung eines Netzaufbaus, der aufgrund seiner Einfachheit ausgewählt wurde. Die frühen Stadien (entsprechend den Abbildungen A-E) sind in hohem Grade variabel und normalerweise komplizierter als die hier gezeigten (vgl. Zschokke 1996), die späteren Stadien sind weniger variabel und dementsprechend ziemlich gut voraussehbar.

Erste Schritte des Radnetzbaus

In einem ersten Schritt überbrückt die Spinne die Lücke zwischen den beiden Stäben. Im hier dargestellten Netzbau (aus dem Labor, wo nicht der feinste Lufthauch wehte) erreichte die Spinne dies, indem sie den Wegfaden an der Spitze des rechten Stabes befestigte und dann - den Wegfaden hinter sich herziehend - unten durch zum anderen Stab ging (A). Wenn die Spinne ihr Netz draußen baut, dann überbrückt sie denn offenen Raum (z.B. zwischen zwei Bäumen) normalerweise indem sie einen Faden mit dem Wind fliegen lässt. Wenn sich dieser Faden auf der Gegenseite verhakt hat, dann benutzt sie ihn um auf die andere Seite zu gelangen und legt gleichzeitig einen zweiten Faden zur Verstärkung. Auf der anderen Seite angelangt, klettert die Spinne ein Stück nach oben, um dann den neu gelegten Faden zu befestigen und gut anzuspannen. Diesen Faden benutzt sie dann, um wieder auf die andere Seite zu gelangen.

Die Spinne versucht dann, möglichst weit nach oben zu gelangen, dazu verschiebt sie den ersten Faden oder baut einen neuen Faden dazu (B). Während dieser ersten Schritte des Netzbaues ist die Spinne sehr empfindlich auf Störungen und pausiert manchmal auch ohne ersichtlichen Grund für ein paar Minuten oder sogar Stunden.

Bau des Rahmens eines Spinnenetzes

Die Spinne errichtet nun das so genannte Proto-Netz, eine sternförmige Struktur bei der sich mehrere an der Umgebung befestigte Fäden (die Proto-Speichen) an einem Ort (der Proto-Nabe) treffen (C-E). Die Spinne errichtet eine Proto-Speiche indem sie den Wegfaden an der Nabe befestigt, dann entlang einer bestehenden Proto-Speiche nach außen und dann nach unten läuft (D) oder indem sie sich abseilt (E). Auf dem Weg zurück zur Nabe zieht die Spinne dann den neuen Faden ein.

Wenn die Spinne den Bau des Proto-Netzes abgeschlossen hat (meistens mit 3 bis 7 Proto-Speichen), baut sie den ersten Rahmenfaden entlang dem oberen Rand des zukünftigen Netzes (auch Brückenfaden genannt). Anschließend verschiebt sie die Proto-Nabe nach unten in ihre endgültige Lage, womit diese zur Nabe wird, und baut gleichzeitig die erste echte Speiche (zwischen dem Brückenfaden und der Nabe (F).

Speichenbau in einem Spinnennetz

Im nächsten Abschnitt des Netzbaus zieht die Spinne die Rahmenfäden und die Speichen ein. Primäre Rahmenfäden (befestigt an Verankerungsfäden) und sekundäre Rahmenfäden (befestigt an anderen Rahmenfäden) werden gemäß dem in (G) gezeigten Muster gebaut: Die Spinne läuft entlang einer bestehenden (Proto-)Speiche nach außen und befestigt dort den Wegfaden. Diesen Faden hinter sich herziehend, läuft sie dann zurück zur Nabe und entlang der nächstunteren Speiche wieder nach außen, wo sie den Faden befestigt. Nun läuft sie entlang dieses Fadens zur oberen Speiche und zurück zur Nabe.

Um eine einfache Speiche zu bauen, läuft die Spinne entlang einer bestehenden Speiche nach außen, dann ein wenig abwärts (immer!) entlang des Rahmenfadens, wo sie den Wegfaden befestigt. Die Spinne benutzt dann diesen Wegfaden, um zurück zur Nabe zu gelangen, wobei sie den soeben produzierten Wegfaden aufwickelt und gleichzeitig die endgültige Speiche einzieht (H). Die Überreste der so aufgewickelten Wegfäden sind bei einem in Bau befindlichen Netz als kleine weiße Klüngel am Rand der Nabe zu erkennen. Die Reihenfolge des Speichenbaus folgt einem bestimmten Muster. Kreuzspinnen bauen neue Speichen immer unmittelbar unterhalb einer bestehenden Speiche, nie oberhalb und nie mit einem so großen Abstand, dass sie später noch eine weitere Speiche dazwischen bauen würde. Zudem bauen sie die Speichen in einer solchen Reihenfolge, dass die Kräfte auf die Nabe immer einigermaßen ausgeglichen sind. Wenn die Spinne Speichen einzieht, läuft sie jeweils um die Nabe herum, um eine Lücke für den Bau der nächsten Speiche zu finden. Durch das Umkreisen der Nabe nach dem Bau der letzten Speiche entsteht die äußere Struktur der Nabe (I).

Spiralenbau in einem Spinnennetz

Die Umkreisung der Nabe geht bei Kreuzspinnen fließend in den Bau der Hilfsspirale über. Die Hilfsspirale ist grobmaschig und dient nachher als Gerüst und Leitstruktur für den Bau der Klebspirale (auch Fangspirale genannt) (Zschokke 1993). Nach Fertigstellung der Hilfsspirale (J) macht die Spinne eine Pause von etwa einer Minute, wahrscheinlich um ihre Seidenproduktion von der starke, nicht klebrigen Seide (welche die Spinne für alle bis jetzt gebauten Netzteile verwendet hat) umzustellen auf die klebrige, sehr elastische Seide für die Klebspirale.

Nach dieser kurzen Pause dreht sich die Spinne um und beginnt mit dem Bau der Klebspirale. Während dem Klebspiralenbau – besonders entlang dem äußeren Rand des Netzes – dreht sich die Spinne oft um. Dies führt zu Umkehrstellen in der Klebspirale, die wahrscheinlich dazu dienen, die Netzfläche optimal mit Klebfäden auszufüllen. Währenddem sich die Spinne während des Klebspiralenbaus langsam gegen innen bewegt, entfernt sie die Hilfsspirale Stück um Stück (K). Nach der Fertigstellung der Klebspirale entfernt die Spinne die Mitte der Nabe (zusammen mit den Überresten vom Speichenbau, siehe oben) und ersetzt diese durch einige Fäden, womit das Netz fertig gestellt ist. Die Spinne setzt sich nun kopfunten auf die Nabe und wartet darauf, dass Beute ins Netz fliegt (L).

Kreuzspinnen ersetzen ihr Netz jede Nacht oder jede zweite Nacht. Wenn das neue Netz am selben Ort ist, verwendet sie die äußeren Teile des Netzes wieder, ersetzt aber sämtliche Speichen und die ganze Klebspirale. Die Spinne frisst dabei das alte Netz auf und recycelt das Material für ihre nächsten Netze.

Wenn die Spinne mit dem Netzbau richtig begonnen hat, d.h. spätestens nach dem Bau des ersten Rahmenfadens, benötigt sie etwa eine Stunde um es zu vollenden. Hingegen kann es Stunden bis Tage dauern, bis sie richtig beginnt.

Text und Bilder wurden angepasst und übersetzt nach (Zschokke 1996).



Page compiled and © by Samuel Zschokke  (last modified 6-May-2016)